Sicherheitshinweise

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SICHERHEITSDATENBLATT
Stickstoff, tiefgekühlt, flüssig

Sicherheitshinweise.
16– Umgang mit tiefkalt verflüssigtem Stickstoff in
ortsbeweglichen Kryobehältern.



Vorbemerkung
Tiefkalt verflüssigter Stickstoff (LIN = liquid nitrogen) wird häufig in ortsbeweglichen Kryobehältern transportiert und gelagert. Das sind sowohl verschließbare, für inneren Überdruck geeignete Druckgasbehälter wie auch offene, drucklos betriebene Dewargefäße. Zur Vermeidung von Unfällen beim Umgang mit ortsbeweglichen LIN-Kryobehältern müssen bestimmte Eigenschaften des tiefkalt verflüssigten Stickstoffs beachtet und entsprechende Schutzmaßnahmen realisiert werden.

1. Eigenschaften von LIN – Gefahren und Schutzmaßnahmen

1.1 Kälte
Tiefkalt verflüssigter Stickstoff hat eine Temperatur von ca. -196°C (Siedepunkt bei einem Umgebungsdruck von 1 bar absolut).

Gefahren:
a) Wenn die tiefkalte Flüssigkeit auf die menschliche Haut trifft, können Erfrierungen („Kaltverbrennungen“) entstehen. Großflächige Erfrierungen sind lebensbedrohend.

b) Einige Werkstoffe vermindern bei tiefen Temperaturen ihre Dehnbarkeit und Zähigkeit, d.h. sie verspröden und können brechen und sind damit für LIN nicht geeignet.
Werkstoffe, die durch LIN abgekühlt werden, schrumpfen. Wenn ein sich abkühlender Gegenstand fest eingespannt ist, wird jedoch die Schrumpfung behindert. In diesem Fall kann der Werkstoff zerreißen.

c) An Anlagenteilen, die LIN enthalten und nicht isoliert sind (z.B. Rohrleitungen an LIN-Tanks) kondensiert Luft. Im abtropfenden Kondensat reichert sich – durch Wiederverdampfung des Stickstoffanteils – Sauerstoff an. Wenn dieses sauerstoffreiche Kondensat in einen brennbaren Feststoff (z.B. Holz oder
organisches Isoliermaterial) eindringt, entsteht erhöhte Brandgefahr.

Schutzmaßnahmen:
Beim direkten Umgang mit LIN (z.B. Abfüllen) ist persönliche Schutzausrüstung (körperbedeckende trockene Kleidung, geschlossene Sicherheitsschuhe, Handschuhe, Schutzbrille) zu benutzen.

Kryobehälter mit LIN sind so zu tranportieren, daß sie nicht umfallen oder herabfallen können Ladungssicherung ist bei jedem Transport erforderlich.

Gerätschaften, die für den direkten Umgang mit LIN bestimmt sind, müssen aus kältebeständigem Material (z.B. nichtrostender, austenitischer Stahl = „Edelstahl“, Kupfer, Aluminium) bestehen. Organische Materialien, wie Holz, Plastik, Gummi sind ungeeignet.

LIN sollte nicht auf Betonfußboden auslaufen, weil Beton durch die Kälte zerstört wird. Im Bereich einer Füllstelle kann der Fußboden mit einer Wanne aus Edelstahl geschützt werden, in der abtropfendes LIN aufgefangen wird und verdampft.

Der Fußboden unter nicht isolierten LIN-Anlagenteilen muß aus unbrennbarem Material bestehen, um Brandgefahr infolge Sauerstoffanreicherung auszuschließen.

1.2. Druck
LIN nimmt unvermeidlich Wärme aus der Umgebung auf und geht dabei in den gasförmigen Zustand über.

Gefahren:
Die Verdampfung von LIN unter Einschluß führt zu einem Druckanstieg. Wenn der Druck nicht entspannt wird, kann das betreffende Anlagenteil bersten.

Schutzmaßnahmen:
Kryobehälter, auf denen keine Angabe des zulässigen inneren Überdrucks vorhanden ist, dürfen nur drucklos befüllt werden. Die Füll-Leitung (Schlauch, Rohr) muß lose in die Behälteröffnung eingeführt werden und der flüssige Stickstoff muß frei in den Behälter ausfließen. Die Einfüllöffnung oder eine zweite Öffnung muß beim Füllen teilweise offen bleiben, damit der verdampfende Stickstoff entweichen kann.

Drucklose Behälter, die LIN enthalten, dürfen nur mit einem lose aufliegenden Deckel oder Stopfen verschlossen werden, so daß der Druckausgleich mit der
freien Atmosphäre möglich ist.

Kryobehälter, die für inneren Überdruck geeignet sind, haben eine entsprechende Kennzeichnung. Sie werden in der Regel durch eine fest angeschraubte Leitung befüllt. Der Vordruck, mit dem die Flüssigkeit dem Kryobehälter zugeführt wird, darf den zulässigen inneren Überdruck nicht überschreiten.

In Kryobehälter mit LIN darf kein Wasser gelangen, damit kein Verschluß durch Eispropfen entsteht.

Absperrbare Rohrleitungsabschnitte mit LIN müssen ein Sicherheitsventil haben.

LIN sollte nicht in größeren Mengen ins Erdreich gelangen. Der verdampfende Stickstoff kann durch Eisbildung im Erdboden eingeschlossen werden und sich möglicherweise explosionsartig entspannen.

1.3. Sauerstoffmangel
Beim Verdampfen entstehen aus 1 Liter LIN ca. 700 Liter gasförmiger Stickstoff.

Gefahren:
Durch Anreicherung von Stickstoff in der Luft vermindert sich die Sauerstoffkonzentration, d.h. Sauerstoffmangel kann entstehen, der mit den menschlichen Sinnesorganen nicht feststellbar ist. Personen, die sich in sauerstoffarmer Atmosphäre (weniger als 17 Vol.-% O2) aufhalten, können ohne Vorwarnung und sehr schnell bewußtlos werden und ersticken. Dieses Risiko tritt im Freien nur selten auf. In Räumen mit LIN-Anlagen, insbesondere mit offenen Kryobehältern, muß diese Gefahr jedoch beachtet werden.

Schutzmaßnahmen:
Mit LIN gefüllte Kryobehälter dürfen nur in Fahrzeugen befördert werden, wenn
• sie für den Straßentransport zugelassen sind,
• sie im fahrzeug gegen Umfallen gesichert sind,
• der Laderaum offen ist oder be- und entlüftet wird.

Räume mit LIN-Kryobehältern müssen ausreichend be- und entlüftet sein. Technische Lüftung mit definierten Zu- und Abluftströmen ist zu bevorzugen. Die Abluftöffnungen müssen im unteren Raumteil angeordnet werden, da verdampfender Stickstoff kalt und schwerer als Luft ist und sich deshalb vorrangig am Fußboden ausbreitet. Zu- und Abluftöffnungen dürfen nicht verschlossen werden. Die Räume können mit einer automatischen Warneinrichtung für Sauerstoffmangel ausgerüstet werden, deren Sensoren im unteren Raumteil anzuordnen sind. Alternativ kann man die Mitarbeiter mit tragbaren Sauerstoffmangel-Warngeräten ausstatten. Die Entscheidung für derartige Warneinrichtungen ist in Abhängigkeit von den örtlichen und betrieblichen Gegebenheiten zu treffen.

2. Abfüllen von LIN
Das Abfüllen von LIN in Kryobehälter muß, soweit es nicht automatisch erfolgt permanent überwacht und rechtzeitig beendet werden, so daß keine Flüssigkeit in den Raum oder ins Freie ausläuft. Das Abfüllen kann durch eine Sicherheitsschaltung, bestehend aus einem Totmannschalter und einem Magnetventil in der Fülleitung, gesteuert werden. Das Magnetventil gibt den Zufluß von LIN zu dem Kryobehälter nur frei, solange der Totmannschalter in regelmäßigen Intervallen gedrückt wird. Stationär verwendete Kryobehälter können eine automatische Füllstandsregelung haben, die ein Überfüllen sicher verhindert.

Für das Abfüllen muß eine schriftliche Betriebsanweisung des Arbeitgebers vorhanden sein, die Hinweise enthält über den sicheren Umgang mit LIN und das Vermeiden von Gefahren und Gesundheitsrisiken. Beim Erstellen der Betriebsanweisung ist die Betriebsanleitung des Herstellers der Kryobehälter zu
berücksichtigen. Diese enthält Hinweise über den bestimmungsgemäßen Einsatz und die ordnungsgemäße Instandhaltung der Kryobehälter. Mitarbeiter, die LIN abfüllen, müssen über die Inhalte der Betriebsanweisung und der Betriebsanleitung belehrt worden sein.


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